Wirken und Schleifen

Grundlagen, Informationen von den Küchenmeistern

Moderatoren: Jugendorganisation-GUTuN, Kochbücher zum Download, koch, Kochschule, mpc, Baecker, Tag-der-Tiere-Hannover, Team

koch
Administrator
Beiträge: 22162
Registriert: So 31. Aug 2014, 16:47
Kontaktdaten:

Wirken und Schleifen

Beitragvon koch » So 29. Sep 2019, 11:35

Wirken und Schleifen

Immer wieder kommt bei unseren Besuchern die Frage auf, warum das Kleingebäck, in das wir so
viel Liebe stecken, so abhängig von der Schwerkraft wird und sich wie ein Amerikaner flach
macht.

Deshalb machen wir jetzt ein kleiner Ausflug in die Lehre vom Teig-Gehenlassen:
Jeder (Hefe-)Teig hat hat 2 Tendenzen: erstens sich zu vergrößern (und das in alle Richtungen)
und zweitens sich der Schwerkraft zu beugen (dann wird er flach wie ein schmelzender
Schneemann).

Was kann man dagegen tun ?
Sie müssen versuchen die eine Kraft (\"Aufgehen\") so einzusetzen, dass die andere Kraft \"Schwerkraft\"
möglichst aufgehoben wird. Das geht nicht, hören wir Sie jetzt sagen ? Es geht ! Euer Bäcker macht das
jeden Tag und was der kann, können Sie auch: Nur fehlt Ihnen dazu ein wenig Übung. Aber das können Sie
mit ein paar Tricks umgehen (dann dauert es eben ein paar Sekunden länger - aber was der Bäcker nicht
hat ist Zeit)!

Schauen wir uns einmal einen Klumpen Hefe an. Ein Haufen Mehl-Wasser-Hefe-und-sonstiges-Pampe. Mehr oder
weniger fest. Aber ein Haufen Pampe, die leider keine Struktur hat. Wenn wir diesen Haufen Pampe in Ruhe
gehen lassen, wird er zwangsläufig größer und flacher. Denn er geht in alle Richtungen (wie die Stacheln
eines Kaktus) und \"alle Richtungen\" unterliegen natürlich gleichzeitig der Schwerkraft (neigen sich also
runter zum Backblech).

Was können Sie tun ? Sie ändern die Struktur des Teiges in eine längliche schmale Struktur. Wie die Holzringe
eines auf dem Boden liegenden Stammes. Also viel Struktur, die senkrecht zur Oberfläche des Backbleches steht
(und sich damit nicht \"neigen\" können).

Soviel Theorie, nun zur Praxis:

1. Variante (PROFI-METHODE):
Schleifen Sie wie der Bäcker die Teiglinge. Dazu nehmen Sie einen runden kleinen Teigbatzen (etwa 50 Gramm,
also für ein einzelnen Brötchen) und legen ihn flach auf die Arbeitsplatte. Darauf legen Sie die flache Hand
und machen eine kleine Drehbewegung, sodass der Teigling sich leicht unter der Hand mit-bewegt (wie ein Kugellager).
Wenn Sie nun langsam aber stetig die Hand zu einer \"Hohlhand\" formen (dabei müssen Sie weiterdrehen !!),
passiert folgendes: die äußeren Teigschichten werden langsam aber sicher unter den Teigbatzen geformt. Wenn Sie
das lange genug machen (daher 4-5 \"Umdrehungen\") hat der Teig genug Spannung erhalten, um der Schwerkraft zu
trotzen. So macht es der Bäcker (und das gleichzeitig mit 2 Händen und in 2 Sekunden)

2. Variante (FINGERSPITZENMETHODE):
Nehmen Sie einen gut geformten Batzen Teig (der wiegt wieder 50 Gramm für ein Brötchen) zwischen die Finger- und
Daumenspitzen beider Hände. Und dann geht es los: Sie "\ziehen\" mit den Fingerspitzen den Teig am Daumen vorbei
und drücken gleichzeitig den herbeigezogenen Teig mit den Daumen in den Teigling. 2-3 mal reicht. Danach drücken
Sie den Teig leicht die Form "\nachdrücken\" und legen ihn auf das Backblech (Das \"Daumenloch\" nach unten).
Diese Form ist natürlich eine "\Verballhornung\" des \"Schleifens\". Aber Sie sind ja keine Bäcker und diese
Formung ist einfacher als das echte \"Schleifen\".

3. Variante (NUDELHOLZMETHODE):
Jeder 50 Gramm-Teigbatzen wird mit dem Nudelholz Handflächen-groß ausgerollt (mit etwas Übung können Sie das auch
mit der Faust drücken) und dann wird er locker aufgerollt. Etwas nachformen und dann legen Sie sie auf das Backblech
(Naht nach unten).

Und nun noch einen kleinen Tipp:
Immer wieder liest man \"Schale mit Wasser mit in den Ofen stellen\". Ein echter Bäcker schwadet mit 4-5 Litern
heißem Dampf, was soll also ein kleines Becher, das womöglich kaltes Wasser hat ? Wir nehmen eine Sprühflasche
(wie zum Wäsche-einsprühen) und wenn wir die Brötchen/Brot in den vorgeheizten Ofen einschieben, schließen wir schnell
wieder die Tür, dann warten wir 3-4 Sekunden, öffnen die Tür wieder und danach wird 4-5 mal reingesprüht (Nebel-Einstellung).
NUN MÜSSEN SIE GANZ SCHNELL WIEDER DIE TÜR SCHLIEßEN! ! So einen Dampf, wie es dann gibt, haben Sie noch nie erlebt
(und das gibt eine schöne Kruste !).

Zurück zu „Grundlagen, Informationen von den Küchenmeistern“

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 3 Gäste